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Dieses Thema hat 2 Antworten
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 Reisebericht Forum.
Manfred ( Gast )
Beiträge:

29.06.2008 12:10
Karibikkreuzfahrt unter vollen Segeln Antworten
Nach 7 Jahren mal wieder zum Segeln in die Karibik, mitten im hiesigen Winter. Es sollte eine Traumreise werden, und dieses Mal wurden alle Erwartungen erfüllt und übertroffen dank der Umsicht, Toleranz und liebevollen Bewirtung durch des Eignerehepaar der AMBASSADOR.

Bei der Buchung kann man die meisten Fehler
Sollten wir nach 6 Jahren Enthaltsamkeit mal wieder einen Segeltörn in die Karibik machen ? Immer wieder fragten wir uns das. Mit 4 Mann könnte man ein komplettes Boot chartern, aber das muß dann am Ausgangsort zurückgegeben werden. Damit würden wir unseren Aktionsradius um über die Hälfte verkleinern und würden die Rückfahrt schon als Ausklang unter Zeitdruck betrachten müssen. Also irgendwo als Kojengast mitsegeln ? Und dann die Macken eines Skippers oder anderer Mitsegler ertragen müssen ? Alte Bekanntschaften aus der Karibik revitalisieren, auch wenn sie negativ waren ? Mit so vielen Bedenken konnten wir uns immer wieder selbst verunsichern, und dabei verstrich kostbare Zeit.
Bis mir das Internet einfiel und Sigi, einen Charterskipper, den wir in der Rodneybay in St. Lucia im März 2000 mal kurz während eines Schauers auf seinem Boot besucht hatten. Er hatte damals die Zeit genutzt, uns sein Boot zu zeigen und uns von seiner Segelphilosophie zu erzählen. Diese Alternative hatte sich in meinem Gedächtnis festgesetzt, leider aber nicht seine Webseitenadresse geschweige denn seine Mailadresse. Und nur, weil ich mal einen Bindestrich zwischen sigi und segeln.de in der Googlesuchmaschine eingesetzt hatte, wurde ich fündig. Der Rest war dann in wenigen Stunden, gleich mit den Flugbuchungen, erledigt, und von September an konnten wir uns auf einen Dreiwochentörn auf der AMASSADOR, Sigis 49 Fuß -Segelyacht, von Martinique nach Trinidad freuen, Vollpension ohne Getränke waren gleich mit bestellt, so bequem hätten wir es nicht einmal auf unseren eigenen Booten hierzulande haben können.

Am Sonntag, den 21.Januar 2007

trifft sich die Gästecrew nacheinander auf dem Flughafen CDG in Paris: Wolfgang und Manfred (ich) aus Hamburg, Jonas aus Münster/Düsseldorf und Werner aus Hannover. Gemeinsam geht's es dann von Orly aus zum 8-Stunden Sprung über den Atlantik. AIR FRANCE setzt Maßstäbe bei der Verwöhnung: Wir bekommen die besten Plätze am Notausgang, an dem wir die Beine ausstrecken und jederzeit aufstehen und uns recken können und beim Servieren der Mahlzeit übernehmen wir gleich je 3 Flaschen Rotwein von abstinenten Passagieren zusätzlich. Besser kann es uns nicht gehen und ohne in die Uhr zu sehen, finden wir uns nach einem Schläfchen in Martinique wieder. Die mitgebrachte Radar-Nationalflagge brauche ich als Erkennungszeichen gar nicht erst auszurollen, Sigi erkennt uns im Gedränge des Terminals auch so und im Abendlicht können wir uns anschließend an Bord überzeugen, dass die AMBASSADOR noch dasselbe Schiff ist, auf dem wir im Jahr 2000 mal Stippvisite gemacht hatten: Zwei Doppelkojen vorn mit Zugang zu Toilette/Bad, das zugleich vom Eignerehepaar genutzt wird, deren Doppelkoje dahinter, an Backbord, gegenüber der Küche an Steuerbord liegt. In der Mitte, etwas erhöht über dem Maschinenraum, die Messe, in der uns Sigis Frau AnnMarie schon einen apetitlichen Abendbrottisch gedeckt hat, sogar mit eigenen Bordservietten! Jonas und Werner teilen sich die geräumige Achterkajüte unter dem ebenso geräumigen Cockpit und würden mit Wolfgang und mir nicht mehr tauschen wollen. Wir auch nicht, weil wir annehmen, dass wir bei 29 Grad an Bord mit dem Öffnen der Vorderluke die bessere Lüftung haben dürften. Denn das Boot liegt immer vor Anker mit dem Steven gegen den Wind, so dass wir die Brise aus erster Hand bekommen werden. Unsere wenige Wäsche, die wir mitgebracht haben, bringen wir in den zahlreichen Schapps spielend unter, schließlich stellt Sigi auch Bettwäsche und Handtücher- wie im Hotel.
Beim Begrüßungstrunk, deutschem Bier aus der bordeigenen Kühltruhe, stellt er seine Frau AnnMarie vor, sie ist aus Trinidad, ihre Eltern sind vor Jahrzehnten aus Indien dorthin eingewandert. 1983 ist Sigi aus Bayern in die Karibik gekommen, hat dort schon an die 30000 Meilen abgesegelt, lebt die meiste Zeit auf dem Boot, aber hat mit seiner Frau in Trinidad auch ein Haus gebaut. Das wird in der Zeit genutzt, in der das Boot im Sommer zum Reparieren an Land liegt.
Der erste Abend hat sich gut angelassen, und um 23 Uhr Ortszeit (= 4 Uhr MEZ) fallen wir in die Kojen.
Angefügte Bilder:
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Manfred ( Gast )
Beiträge:

29.06.2008 12:12
#2 RE: Karibikkreuzfahrt unter vollen Segeln Antworten
Autorundfahrt durch Süd-Martinique
Montag, 22.Januar 2007
Den ersten Tag im subtropischen Klima wollen wir nicht gleich in der prallen Sonne segeln, Martinique hat viele Überraschungen für uns bereit, die wir mit dem Mietauto erkunden können: die trockene Südspitze der Insel mit sandigen Badestränden, einen Teil der Ostküste, den wir hoch oben von der Kurve der Landstraße aus übersehen können und dabei zwar weitere schöne Buchten, aber auch Brandung auf den Riffen davor entdecken können. Schließlich bunte Märkte mit verschiedensten Gewürzen und jeder Menge an Rum und Mixgetränken. Und da hier mit Euro bezahlt wird, drohen wir schon in einen ersten Konsumrausch mit anschließender Kostprobe zu verfallen. Zum Mittag bescheiden wir uns in einer französischen Bäckerei mit leckeren Sandwiches, die die Chefin mit Gelassenheit in zwanzig Minuten frisch für uns zubereitet. Hektik ist hier absolut unerwünscht, der Skipper hatte recht mit seiner Empfehlung, allenfalls die Südhälfte der Insel abzufahren, für die 150 km würden wir den ganzen Tag benötigen. Und doch überrascht uns die Vielfalt auf so engem Raum: an der Ostseite führt die Straße über steile Berghänge mit 20 % und mehr Gefälle/Steigung in kleine Badeorte an Hängen mit üppiger Vegetation und darin versteckten Ferienhäusern. Nach der notwendigen Getränkepause an der Grande Anse reicht es dann gerade noch zu kleinen Fotostops an markanten Höhepunkten: An der Küste vor einer winzigen Vulkaninsel, von der aus man mal die Insel verteidigt hat oder auf die man später Sträflinge verbannt hatte. Und an der Hauptverkehrsstraße dürfen wir eine Rumdestille nicht auslassen. Sie arbeitet zwar im Moment nicht, weil keine Erntekampagne ist, aber in den fein rausgeputzen Empfangsräumen wird der Rum an die Touristen zu Höchstpreisen verscherbelt. Agrar-Rum aus Martinique soll sich von allen anderen Rums der Karibik unterscheiden. Wir sehen klar den Unterschied im Preis und bleiben (noch) bescheiden.
Kaum sind wir an Bord, bewirtet AnnMarie uns mit einem reichlichen guten Essen und Sigi hat den Tag zum Bunkern von 60 von uns georderten Flaschen Rotwein "Cabernet Sauvignon", einem soliden Polster an Bierdosenpaletten und feinsten frz. Camemberts und sonstigen Überraschungen genutzt. Mit einer leicht beschwingten Bettschwere finden wir in unsere Kojen und selbst unser gegenseitiges Schnarchen stört uns nicht.

Dienstag, 23.Januar 2007

Mein Wecker hat sich nicht abstellen lassen und ist auf 6.40 Uhr programmiert. Eigentlich die richtige Zeit zum Aufstehen kurz vor Sonnenaufgang. Aber Wolfgang will sich keinem Streß aussetzen. So stehe ich erst mal allein auf und sofort ist Sigi an Deck, um mich mit der Bordtechnik vertraut zu machen als ich ihm sage, dass ich am liebsten ein Bad außenbords nehmen würde. Zwei kurze Griffe an der Winschkurbel und schon senkt sich lautlos die Badeplattform am Heck herab. Eine geniale Konstruktion, die nach Sigis Entwürfen in St. Marten gebaut wurde: Badeplattform, Badeleiter, Davitt fürs Schlauchboot und Halter für die Solarpaneele in einem, außerdem kann man über eine Rolle auch noch einhand den Außenbordmotor des Dinghys hochziehen, wenn man mal einen längeren Törn über bewegte See macht. So ein Törn steht heute an, also lernen wir die Bortdroutine gleich am ersten Tag kennen, und so sieht sie aus:
Wer als erster wach wird, läßt die Badeplattform möglichst leise ab (ich schaffe das nicht geräuschlos und sorge auf diese Weise dafür, dass alle gleichzeitig aufstehen) und sich in die See stürzen, Morgentoilette im Adamskostüm als Vollbad. Anschließend steigt man nach einigem Schwimmgenuß, bei dem sich die Entsorgung meist von selbst einstellt, wieder auf die Badeplattform, wo schon ein Schlauch mit warmem Süßwasser zum Abspülen des Salzes von der Haut bereithängt. Nach dem Abtrocknen hat AnnMarie den Frühstückstisch gedeckt, der einem Frühstücksbuffet im Hotel in nichts nachsteht. Um neun wird die Kurzwelle angeschaltet, um auf Schweizerdeutsch Hugos Wetterbericht zu hören. Hugo liegt irgendwo in der Karibik auf seiner 55 Fuß-Yacht unter Antiguaflagge und nutzt seine ausgefeilte Bordtechnik zum Empfang von Wetterkarten und seine starke Sendeanlage, um seine Interpretation der Wetterlage allen deutschsprachigen Seglern in der Karibik bekanntzugeben. Anschließend holt er sich brandaktuelle Stationsmeldungen von Seglern, die sich gerade in Puerto Rico, auf Kuba oder Jamaika oder auch in Venezuela, Trinidad oder Curacao ebenso wie in Martinique, den Grenadinen oder in St.Marten aufhalten können.
Fast alle berichten von östlichen Winden zwischen 18 und 12 Knoten und einigen wenigen Schauern, es ergibt sich ein anschauliches Bild des Wetters um 9 Uhr morgens. Sigi weiß, dass über Mittag der Wind schon mal zulegen kann, ganz besonders an den Nord- oder Südspitzen der Inseln, und so läßt er im Großsegel ein Reff, um auf jeden Fall auf der sicheren Seite zu sein, wenn es dicker kommen sollte.
Angefügte Bilder:
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Manfred ( Gast )
Beiträge:

29.06.2008 12:14
#3 RE: Karibikkreuzfahrt unter vollen Segeln Antworten
St. .Lucia von Nord nach Süd
Kaum haben wir die Bucht Le Marin auf Martinique hinter uns gelassen, wird der Motor abgestellt und wir genießen Raumschotskurs mit Kurs auf St. Lucia. Wolfgang macht die erste Wache, nachdem wir uns alle mit Unmengen Sonnenschutzcreme Schutzfaktor 20 und 30 einbalsamiert haben. AMBASSADOR verfügt zwar über ein Bimini, ein schattenspendendes Verdeck aus Segeltuch über dem Cockpit, aber in den Vormittagsstunden scheint die Sonne noch schräg und dem Rudergänger wird es bald zu heiß und er muß um Ablösung bitten.
So hat jeder das Vergnügen, mal Steuermann zu spielen, kann sich bei Bedarf aber auch wieder drücken. St.Lucia ist am frühen Nachmittag mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von über 6 Knoten erreicht, in der Rodney-Bay am Nordzipfel gehen wir vor Anker im Windschatten des Ufers auf 4 Meter Wassertiefe mit 20 Meter Kette. Jetzt ist Zeit für unser Anker-Bier!
Das Bier ist noch nicht getrunken, da wird der Tisch im Cockpit hochgeklappt und AnnMarie serviert eine zünftige Gemüsesuppe, karibisch gewürzt, nachwürzbar mit "Hot Sauce", die einem den Atem stillstehen lassen kann. Da hilft auch kein Löschen mit einem anschließenden Rum-Punch; hat man sich zuviel Hot Sauce genommen, dann muß man sie ertragen. Aber es ist auch so ein schönes Gefühl, wenn der Schmerz nachläßt ! Also nächstes Mal weniger Hot Sauce oder lieber gleich Rum-Punch! Baden kommt auch nicht zu kurz und kaum haben wir es uns an Deck wieder bequem gemacht, da gibt es warmes Abendessen, zu dem der Cabernet Sauvignon ausgesprochen gut mundet, so dass wir noch einen nachgießen. Doch wir sind heute grundsolide und liegen schon um 21 Uhr in den Kojen.

Mittwoch, 24.Januar 2007

Heute haben wir nur knapp 10 Meilen vor uns zur Hauptstadt Castries. Wir können also den Tageslauf besonders langsam passieren lassen. Zum Wassertanken fahren wir in die Lagune zur Marina, wo wir verdutzt feststellen, dass unser 49-Fuß-Boot eher zu den kleineren gehört. Dennoch staunen wir, wieviel Wasser Sigi bunkern kann, es läuft jedenfalls fast eine Dreiviertelstunde in die Tanks, bis wir voll sind. Den Schlag nach Castries machen wir mit Motorunterstützung, denn die Batterien sollen auch aufgetankt werden, damit Bier, Wein und Vorräte schön kühl bleiben.

Castries, die Hauptstadt der Inselrepublik ist eine Touristenfalle, weil zwei riesige Kreuzfahrtschiffe mitten in der Stadt anlegen können. Die Touris werden direkt vom Schiff durch ein Spalier von Souvenirshops zum Gewürzmarkt geleitet und einge von ihnen verlassen dabei gar nicht erst die klimatisierten duty-free-Ladenzeilen. Durchschnittsalter: schätzungsweise über siebzig. Wir ankern im Hafen, fahren mit dem Dinghy ans Ufer und spazieren durch den Markt. An den Linksverkehr müssen wir uns erst einmal gewöhnen, aber für Fußgänger gilt keine Regelung. Auf dem Fischmarkt werden uns Fische angepriesen, deren Frische wir nicht genau definieren können, bei der Hitze riecht alles, und das angebotene Delphinfleisch, knallrot, findet auch nicht unsere Begeisterung. Als wir wieder an Bord motoren, hat Sigi gut vorgesorgt: Eine Flasche St.Lucia Rum ist in seinem Rucksack, die wohl kein Andenken für zuhause bilden wird.

Schnell verholen wir noch zur Vorzeigebucht von St. Lucia, der Marigotbay. Ein Hurrican-hole in üppiger tropischer Umgebung, geprägt von Yachten vor Anker und einem Resort mit feinstem Sandstrand auf einer Landzunge, die in die Bucht hineinragt. Es ist so voll hier, dass wir sogar in Badehose baden müssen und beim Landgang kommen wir vom Resort nicht weiter in die Bucht: Die letzte Fähre ist weg und durch den Busch kommt man beim besten Willen nicht durch. So laufen wir zurück und taumeln einem Schwarzen in die Quere, der uns in bestem akzentfreien Deutsch einen Willkommensgruß darbietet. Er war lange in Köln, was er auch mit Kölsch beweist und gibt uns dann seinen Kräuterschnaps zu trinken, der aus den edelsten Pflanzen St. Lucias gebraut wird. Er will uns ausnahmsweise nichts verkaufen, sondern freut sich einfach, seine Deutschkenntnisse einmal an den Mann bringen zu können - vielleicht auch, um sich in seiner eigentlichen Heimatsprache Deutsch unterhalten zu können, denn seine eigenen Landsleute beäugen ihn schon mißtrauisch, als er sich mit uns verbrüdert.
Auch heute liegen wir schon wieder um 21 Uhr in den Kojen, aber unser Kontingent an Rotwein, 3 Flaschen pro Tag, haben wir erfüllt.

Donnerstag, 25.Januar 2007

Sigi hat keine Eile, schnell weiterzukommen, die Pitons sind einen Besuch wert. Zwei steile Bergkegel, 1250 m hoch direkt neben dem Ufer in einer sagenhaften fotogenen Umgebung. Dazu die Chance, von einem Fischer einen frischen Bonito zu bekommen, lassen uns an einer Muringtonne im Naturpark festmachen. Die Bilder, die wir von Bord aus und beim Landgang schießen, sagen mehr als alle Worte und das Festessen am Abend, ausnahmsweise von Wolfgang zubereitet, setzt Maßstäbe. Da spielt es keine Rolle, dass wir heute unser Cabernet-Kontingent überschreiten, obwohl Sigi vorab schon eine Flasche Weißwein, zum Fisch passend, serviert hat. Aber die Mannschaft bleibt solide, um 21 Uhr hört man alle schon schnarchen.
Angefügte Bilder:
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